Sonntag, 31. Oktober 2010

Abschiedstage

Wie nimmt man Abschied von einem Land, in dem man die letzten drei Monate verbracht hat - nicht nur um dort am Strand zu liegen, sondern um dort zu leben und moeglichst viel zu erleben? Wie nimmt man Abschied von Menschen, mit denen man mehr oder weniger viel Zeit oft intensiv verbracht hat und die man vielleicht nie wiedersehen wird? Ganz ehrlich? Ich weiss es nicht. Im Abschiednehmen war ich noch nie sehr gut und wahrscheinlich erklaert das auch meine Stimmung, in der ich mich seit ein paar Tagen und vor allem heute befinde.

Als wir am Freitagmorgen Wellington in Richtung Norden verlassen haben, lag ein ganzer Tag Busfahrt vor uns. Schlafen, Reden, Essen, Geburtstagspartyspiele fuer Amanda. Die meiste Zeit lag ich aber in einem Zustand zwischen Wachsein und Schlafen auf meinem Sitz und hoffte, endlich da zu sein. Auckland erreichten wir am Spaetnachmittag und wurden dann erstmal von dem YHA Hostel, in dem wir eigentlich angemeldet waren, in ein anderes geschickt. Das hat sich aber als echter Gluecksfall herausgestellt. Wir haben aus Platzgruenden Doppelzimmer zum Preis von Mehrbettzimmern bekommen. Da ich mir mein Zimmer mit Dejan teilte, der ein paar Tage in Auckland bleiben wollte, handelte ich aus, nach meiner Nacht in Paihia wieder in dieses Zimmer zurueck zu kehren, um mich und meinen Koffer dann in Ruhe auf den Heimflug vorbereiten zu koennen. So spart man sich ein Einzelzimmer :-)
Abends sind wir dann losgezogen um Amandas Geburtstag zu feiern. Zuerst waren wir thailaendisch essen, dann trinken und tanzen. Ein wirklich schoener Abend mit den ersten Abschieden in Auckland, die in der allgemeinen Alkohollaune aber nicht so schlimm ausfielen.



Dejan und Simon

Dejan, ich, Simon

Simon und Laura

Laura und ich

Mein "Lieblingstrainee" und ich
Am naechsten Tag habe ich mich dann frueh auf den Weg in Richtung Norden gemacht, da ich noch zwei entspannte Tage an der Bay of Islands geniessen wollte. Syrone hatte mir ein sehr nettes Hostel in Paihia empfohlen - mit dem putzigen Namen "Mousetrap" :-) Dort fuehlte ich mich sofort wohl, nur das Wetter unterstuetzte mich nicht so richtig. Da es zu kalt war, um am Strand zu liegen, machte ich mich auf den Weg nach Waitangi, dem "Geburtstort Neuseelands", da hier der Vertrag abgeschlossen wurde, der das Zusammenleben zwischen Maori und britischen Einwanderern regelte. Nachdem ich also ein bisschen auf Geschichte gemacht hatte, beschloss ich trotz starken Windes noch an der Kueste zu wandern. Als es dann zu regnen anfing, musste ich nicht nur aufpassen, nicht von der Klippe geweht zu werden, sondern fuehlte mich gleichzeitig wie in einem Caspar David Friedrich Gemaelde, was so gut war, dass es alle Unannehmlichkeiten wieder wett machte. Zurueck in der Maeusefalle waermte mich ein Kaffee auf, mit dem ich mich zum Lesen und Schreiben aufs Sofa kuschelte.
Am Sonntag sah ich schon vom Bett aus die Sonne scheinen, zog meinen Bikini an und ging gut gelaunt fruehstuecken. Es war aber leider doch kalter als gedacht. Ich entschied mich fuer die vier Stunden Wanderung in den Nachbarort. Diese sollte zwar an der Kueste entlang gehen, ich habe aber vermutlich nicht den richtigen Weg erwischt, da ich oefter ueber steile Klippen direkt am Meer klettern musste. Dafuer traf ich unterwegs kaum einen Menschen und fuehlte mich ganz frei und ruhig, so allein mit der Natur. Unterbewusst habe ich wahrscheinlich dabei schon die ganze Zeit ueber meinen Neuseelandsaufenthalt reflektiert. Auf dem Rueckweg habe ich versucht, einen einsamen Strand zu finden und zu lesen, was aber nicht einfach war. Stattdessen fand ich einen Baum, der ein gutes Stueck ins Wasser hinein ragte. Ich machte es mir darauf bequem, bis mir ploetzlich auffiel, dass das Wasser hoeher und hoeher steigt und ich besser den Rueckweg antreten sollte, wenn ich lieber in einem Bett in Auckland als auf einem Baum ueber dem Meer uebernachten will. Die Busfahrt nach Auckland war endlos und ermuedend und doch mochte ich es einfach mit dem normalen Linienbus und nicht mit Stray unterwegs zu sein. In Auckland waren von unserer Straygruppe noch Laura, Syrone und Dejan geblieben und ich freute mich, sie alle nochmal wieder zu sehen. Ich war ausserdem wirklich froh, dass ich meinen Koffer und einen Teil meiner Schuhe (so viele hatte ich gar nicht mit...) bei Dejan im Zimmer lassen konnte. Das hatte zu einer lustigen Geschichte gehfuehrt: Er war gerade im Zimmer, als Hostelpersonal das waehrend meiner Abwesenheit leerstehende Bett frisch ueberziehen wollte. Dejan wurde gefragt, ob er allein in diesem Zimmer sei, was er wahrheitsgemaess bejahte. Der Blick des Personals fiel dann wohl leicht irritiert auf meine schwarzen Ballerinas mit Keilabsatz... Zu schade, dass ich das nicht sehen konnte. Abends waren wir noch etwas essen und ein bisschen durch Auckland schlendern. Ich entdeckte, dass die Stadt durchaus nette Strassen und Ecken hat und war gespannt, wie sie mir im Tageslicht gefallen wuerde.




Riesen-Waka

Treatyhouse

Treatyground










Mein Baum über dem Meer :-)

Heute hiess es dann frueh Abschied nehmen von Dejan und Laura. Da Syrone nur noch auf ihren Heimflug wartet und gar nichts mehr tun moechte, machte ich mich allein auf den Weg, Auckland zu erkunden. Anfangs fuehlte ich mich recht wohl, was mich ueberraschte, da ich kaum jemanden getroffen habe, dem Auckland gefallen hat. Dann packte mich aber ploetzlich ein unbeschreiblich schlimmes Gefuehl, das mich dazu brachte, rastlos den ganzen Hafenstreifen entlang zu laufen, ohne aufhoeren zu koennen. Ich lief vor etwas weg und wusste nicht, was es war. Ich fuehlte mich ploetzlich so einsam, beschraenkt und klein in dieser Stadt, dass ich all die Freiheit, Ruhe und das Gefuehl fuer mich selbst, welches ich hier gefunden zu haben glaubte, wieder verloren hatte. Als ich es dann wieder schaffte anzuhalten und mich zu beruhigen, verstand ich was wohl passiert war. Ich hatte Angst, weil meine Reise nun zu Ende ist. Ich hatte Angst vor dem Nachhausekommen. Nicht, weil ich mich nicht auf zu Hause freue - das tue ich sehr - sondern weil ich nicht weiss, was sein wird. Ich bin hier in Neuseeland kein anderer Mensch geworden, aber ich habe einiges gewonnen, dass ich nicht wieder verlieren moechte. Vielleicht ist das alles zuhause wieder weg. In meiner gewohnten Umgebung, meinem Alltag. Ich weiss es nicht. Meine Ruhe habe ich dann endgueltig auf dem Sky Tower wieder gefunden. Ich konnte die ganze Stadt ueberblicken, sie war ploetzlich klein und ich hatte keine Angst mehr.













Nicht so gut mit Höhenangst - die Glasbodenfenster im Skytower

Skytower

Nun sitze ich im Hostel, werde bald zu Abend essen und mich dann langsam auf meinen Flug morgen vorbereiten. Ich fuehle mich immer noch unwohl, wenn ich an morgen denke. Auch, weil sich wohl niemand wirklich auf so einen langen Flug freut. Ich freue mich auf zuhause. Ich freue mich auf euch. Aber ich bin traurig, Neuseeland zu verlassen. Und ich weiss, dass ein kleiner Splitter meines Herzens hier bleiben wird. In diesem wundervollen Land und bei dem einen oder anderen Menschen, den ich hier kennen lernen durfte und wieder verlassen musste. Ich frage mich, ob ich jemals wieder vollkommen ganz sein kann. Aber vielleicht ist das auch nicht so wichtig...

Donnerstag, 28. Oktober 2010

Bye bye Suedinsel

Als mich der Bus am Mittwochmorgen in Christchurch eingesammelt hat, habe ich wie erwartet ein paar alte Bekannte wiedergetroffen, die laenger in Queenstown geblieben waren. Dennoch fallen jetzt immer mehr Abschiede an und es ist daher nicht ganz so einfach, meine letzte Woche in vollen Zuegen zu geniessen.

Nach einer nicht allzu langen Fahrt sind wir um die Mittagszeit in Kaikoura angekommen - einem netten kleinen Staedtchen an der Ostkueste, das fuer die Beobachtung von allen moeglichen Meeresbewohnern bekannt ist. Wie einige der anderen auch hatte ich fest vor, hier mit Delphinen zu schwimmen. Unser Busfahrer konnte das auch fuer uns organisieren, allerdings hatte er eine schlechte Nachricht: Alle Touren fuer Mittwoch waren ausgebucht, sodass er uns eine Tour fuer Donnerstagmorgen um 5:30 Uhr buchen musste. Alle die mich ein kleines bisschen besser kennen sollten wissen, was das fuer mich bedeutete. Das gute an der Sache war, dass wir den Nachmittag zur freien Verfuegung hatten. Ich lag mit zwei anderen Maedels eine Weile am Strand herum, dann haben wir uns noch zu einer kleinen Wanderung zur Seeloewenkolonie aufgerafft, wo allerdings kaum Seeloewen anzutreffen waren. Abends haben wir unglaublich guten und guenstigen Fisch gegessen und dann Maedelsgespraeche in unserem seltsam gemuetlichen Hostelzimmer gefuehrt. Es ist schon interessant, dass wir Frauen ueberall auf der Welt die gleichen Probleme haben und meist Maenner daran Schuld sind... ;-)
Frueh schlafen gehen hat leider nicht wirklich geklappt, sodass es mir noch viel frueher vorkam, als um 4:30 der Wecker klingelte. Aber muede waren wir trotzdem nicht, sondern sehr aufgeregt - ein bisschen hat es sich angefuehlt, wie frueh aufstehen um in den Urlaub zu fahren. Und was soll ich sagen - es hat sich mehr als gelohnt. Unter klarem Sternenhimmel sind wir zum Ausgangspunkt der Tour gelaufen und haben dann dort sowie auf dem Schiff einen sehr schoenen Sonnenaufgang erlebt. Das Schwimmen mit den Delphinen war atemberaubend. Zuerst im wahrsten Sinne des Wortes, da ich es ueberhaupt nicht mehr gewohnt war, mit Schnorchel zu schimmen und die Wassertemperatur ausserdem viel zu kalt war. Im ersten Moment bekam ich ueberhaupt keine Luft und musste eine kleine Panikattacke ueberwinden. Als ich mich dann aber an alles gewoehnt hatte und in der Lage war, die Delphine durch den richtigen Schwimmstil und lustige Geraeusche auf mich aufmerksam zu machen, war es einfach nur noch unglaublich. Ein paar Mal ist ein Delphin so nahe an mir vorbei geschwommen, dass er mich fast beruehrt haette. Wir konnten an drei verschiedenen Stellen ins Wasser gehen, danach durften wir uns dann auf dem schaukelnden Boot umziehen, haben heisse Schokolade und Kekse bekommen und zuletzt bestand noch die Moeglichkeit Fotos zu machen. Ein wirklich perfekter Morgen also. Die Busfahrt nach Picton habe ich dann mit fruehstuecken und schlafen verbracht. Auf der Faehre haben wir Filme geschaut und heute Abend sind wir dann wieder in der Hauptstadt Wellington angekommen. Mehr als Ausruhen wird hier aber wohl nicht passieren - auch weil wir morgen einen 12 h Marathon nach Auckland vor uns haben...










Dienstag, 26. Oktober 2010

Christchurch - in the middle of destruction

Nach anstrengenden Reisetagen und traurigen Abschieden brauchte ich dringend ein paar Tage Pause und Zeit fuer mich. Dafuer habe ich natuerlich die Erdbebenstadt Christchurch gewaehlt - was wuerde sich besser anbieten. Hier habe ich jetzt schon 2,5 Tage und 2 Naechte verbracht und noch kein Nachbeben zu spueren bekommen. Morgen Vormittag werde ich wieder in den Bus steigen und dort hoffentlich ein paar alte Bekannte treffen, die laenger in Queenstown geblieben sind. Dann geht es langsam aber sicher wieder in Richtung Nordinsel. Ich kann kaum glauben, dass ich in einer Woche schon im Flieger nach Hause sitze. Wen uebrigens interessiert, wie ich hier genau gereist bin und noch reise, kann sich einfach mal meine Busroute anschauen: http://www.straytravel.com/new-zealand-bus-travel/straypasses/2 Da ich in Rotorua gestartet bin, habe ich nicht die ganze Nordinsel gesehen, aber auf der Suedinsel bin ich ziemlich weit herum gekommen, wie ihr sehen koennt.

Hier in Christchurch sind wir nach einer recht langen und anstrengenden Fahrt, nach einer kurzen letzten Nacht in Queenstown, am Sonntagspaetnachmittag angekommen. Die letzten Sonnenstrahlen haben wir fuer einen Spaziergang durch den Botanischen Garten genutzt. Es war unglaublich, wie man den Fruehling dort sehen, fuehlen und vor allem richen konnte. Ich selbst war den ganzen Tag ueber etwas traurig, knatschig und nachdenklich - ich stellte mir dir Frage, ob ein Urlaubsflirt nicht grundsaetzlich zumindest bis zum Ende des Urlaubs halten muesste, damit zwei gute Dinge gemeinsam enden koennen und man nicht versuchen muss, das Eine ohne das Andere weiterzufuehren und dabei soviel Spass zu haben, wie zuvor. Zum Glueck hatte ich genug nette Menschen um mich herum, die mich auf andere Gedanken bringen konnten. Dejan hat mir abends Pfannkuchen gebacken, mit mir Schach gespielt und mir eine Gute-Nacht-Geschichte vorgelesen, da war alles schon fast wieder gut. Ich war uebrigens ganz erstaunt, wieviel Spass ich beim Schach spielen hatte. Ich merkte, dass es mir die letzten Monate wirklich gefehlt hat, was ich nie gedacht haette.

Die Tram in Christchurch - eine Touristenattraktion

Cathedral Square mit Gartenschach

Botanischer Garten

Botanischer Garten

Botanischer Garten

Wir und ein extrem starker Ast ;-)

ist der Baum nicht toll?

Am naechsten Morgen habe ich erstmal ausgeschlafen und die Ruhe genossen. Es war allerdings doch ein etwas komsiches Gefuehl, die anderen alle im Bus zu wissen und allein zurueck zu bleiben. Den Spaetvormittag habe ich dann in der wirklich sehr schoenen Kathedrale verbracht. Danach gab es ein Wiedersehen mit einem alten Bekannten, was einer der Gruende fuer mich war, laenger in Christchurch zu bleiben. Kunda hat die Sprachschule gewechselt und ist deshalb von Napier nach Christchurch gekommen. Ich habe mich sehr gefreut, ihn wieder zu treffen und natuerlich war es nett, eine Stadtfuehrung von einem "Einheimischen" zu bekommen. Wir hatten strahlenden Sonnenschein und einen perfekten Tag, um die ganze Zeit draussen zu bleiben. Nach einem Stadtrundgang waren wir nochmal im Botanischen Garten, dann habe ich ein Eis spendiert bekommen, wir sind mit dem Bus raus aus Christchurch zur Gondelstation gefahren, haben den Blick ueber die Stadt genossen und zuletzt hat Kunda mir noch Abendessen gekocht. Ein schoener Tag also, an dem ich schon wieder viel zu sehr verwoehnt wurde. Ich frage mich auch langsam, warum alle Jungs mir staendig irgendetwas zu essen geben. Zurueck im Hostel hatte ich dann noch einen entspannten Abend mit Postkarten schreiben und lesen. Mein englisches Buch habe ich jetzt auch fast durch und werde mir fuer die letzte Woche wohl noch eines besorgen muessen...










Mein Tag heute war auch wieder toll und genau das, was ich nach dem langen Reisen gebraucht habe. Da das Wetter heute nicht ganz so schoen wie gestern war, habe ich beschlossen, die kulturellen Angebote Christchurchs zu testen - Kultur hatte mir in letzter Zeit ohnehin etwas gefeht. Ich war zuerst in der Art Gallery, die wirklich interessante Ausstellungen hat - vor allem wenn man betrachtet, dass Christchurch zwar die drittgroesste Stadt Neuseelands, aber nicht gerade eine Weltmetropole ist. Am Nachmittag war ich dann im Arts Centre, einem Gebaeudekomplex, der aus Galerien, Laeden, Kuenstlerwerkstaedten, Kinos, Theatern und Cafes besteht und in dem man sehr gute etwas Zeit verbringen kann :-) Nach einem gemuetlichen Nachmittagskaffee habe ich mich dann nochmal auf den Weg in den Botanischen Garten gemacht. Nachdem ich ein wenig herumgeschlendert bin, habe ich mir eine Bank in der Sonne gesucht, mich hingelegt und gelesen.


Arts Centre

Arts Centre

Arts Centre

ein schoener Platz zum Entspannen :-)


Das Erdbeben ist durchaus noch gegenwaertig

Ich habe meine Auszeit in Christchurch wirklich genossen und fuehle mich jetzt wieder so, dass ich morgen gerne weiter reisen und meine letzte Wocher hier geniessen moechte :-)