Wie nimmt man Abschied von einem Land, in dem man die letzten drei Monate verbracht hat - nicht nur um dort am Strand zu liegen, sondern um dort zu leben und moeglichst viel zu erleben? Wie nimmt man Abschied von Menschen, mit denen man mehr oder weniger viel Zeit oft intensiv verbracht hat und die man vielleicht nie wiedersehen wird? Ganz ehrlich? Ich weiss es nicht. Im Abschiednehmen war ich noch nie sehr gut und wahrscheinlich erklaert das auch meine Stimmung, in der ich mich seit ein paar Tagen und vor allem heute befinde.
Als wir am Freitagmorgen Wellington in Richtung Norden verlassen haben, lag ein ganzer Tag Busfahrt vor uns. Schlafen, Reden, Essen, Geburtstagspartyspiele fuer Amanda. Die meiste Zeit lag ich aber in einem Zustand zwischen Wachsein und Schlafen auf meinem Sitz und hoffte, endlich da zu sein. Auckland erreichten wir am Spaetnachmittag und wurden dann erstmal von dem YHA Hostel, in dem wir eigentlich angemeldet waren, in ein anderes geschickt. Das hat sich aber als echter Gluecksfall herausgestellt. Wir haben aus Platzgruenden Doppelzimmer zum Preis von Mehrbettzimmern bekommen. Da ich mir mein Zimmer mit Dejan teilte, der ein paar Tage in Auckland bleiben wollte, handelte ich aus, nach meiner Nacht in Paihia wieder in dieses Zimmer zurueck zu kehren, um mich und meinen Koffer dann in Ruhe auf den Heimflug vorbereiten zu koennen. So spart man sich ein Einzelzimmer :-)
Abends sind wir dann losgezogen um Amandas Geburtstag zu feiern. Zuerst waren wir thailaendisch essen, dann trinken und tanzen. Ein wirklich schoener Abend mit den ersten Abschieden in Auckland, die in der allgemeinen Alkohollaune aber nicht so schlimm ausfielen.
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Dejan und Simon |
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Dejan, ich, Simon |
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Simon und Laura |
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Laura und ich |
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Mein "Lieblingstrainee" und ich |
Am naechsten Tag habe ich mich dann frueh auf den Weg in Richtung Norden gemacht, da ich noch zwei entspannte Tage an der Bay of Islands geniessen wollte. Syrone hatte mir ein sehr nettes Hostel in Paihia empfohlen - mit dem putzigen Namen "Mousetrap" :-) Dort fuehlte ich mich sofort wohl, nur das Wetter unterstuetzte mich nicht so richtig. Da es zu kalt war, um am Strand zu liegen, machte ich mich auf den Weg nach Waitangi, dem "Geburtstort Neuseelands", da hier der Vertrag abgeschlossen wurde, der das Zusammenleben zwischen Maori und britischen Einwanderern regelte. Nachdem ich also ein bisschen auf Geschichte gemacht hatte, beschloss ich trotz starken Windes noch an der Kueste zu wandern. Als es dann zu regnen anfing, musste ich nicht nur aufpassen, nicht von der Klippe geweht zu werden, sondern fuehlte mich gleichzeitig wie in einem Caspar David Friedrich Gemaelde, was so gut war, dass es alle Unannehmlichkeiten wieder wett machte. Zurueck in der Maeusefalle waermte mich ein Kaffee auf, mit dem ich mich zum Lesen und Schreiben aufs Sofa kuschelte.
Am Sonntag sah ich schon vom Bett aus die Sonne scheinen, zog meinen Bikini an und ging gut gelaunt fruehstuecken. Es war aber leider doch kalter als gedacht. Ich entschied mich fuer die vier Stunden Wanderung in den Nachbarort. Diese sollte zwar an der Kueste entlang gehen, ich habe aber vermutlich nicht den richtigen Weg erwischt, da ich oefter ueber steile Klippen direkt am Meer klettern musste. Dafuer traf ich unterwegs kaum einen Menschen und fuehlte mich ganz frei und ruhig, so allein mit der Natur. Unterbewusst habe ich wahrscheinlich dabei schon die ganze Zeit ueber meinen Neuseelandsaufenthalt reflektiert. Auf dem Rueckweg habe ich versucht, einen einsamen Strand zu finden und zu lesen, was aber nicht einfach war. Stattdessen fand ich einen Baum, der ein gutes Stueck ins Wasser hinein ragte. Ich machte es mir darauf bequem, bis mir ploetzlich auffiel, dass das Wasser hoeher und hoeher steigt und ich besser den Rueckweg antreten sollte, wenn ich lieber in einem Bett in Auckland als auf einem Baum ueber dem Meer uebernachten will. Die Busfahrt nach Auckland war endlos und ermuedend und doch mochte ich es einfach mit dem normalen Linienbus und nicht mit Stray unterwegs zu sein. In Auckland waren von unserer Straygruppe noch Laura, Syrone und Dejan geblieben und ich freute mich, sie alle nochmal wieder zu sehen. Ich war ausserdem wirklich froh, dass ich meinen Koffer und einen Teil meiner Schuhe (so viele hatte ich gar nicht mit...) bei Dejan im Zimmer lassen konnte. Das hatte zu einer lustigen Geschichte gehfuehrt: Er war gerade im Zimmer, als Hostelpersonal das waehrend meiner Abwesenheit leerstehende Bett frisch ueberziehen wollte. Dejan wurde gefragt, ob er allein in diesem Zimmer sei, was er wahrheitsgemaess bejahte. Der Blick des Personals fiel dann wohl leicht irritiert auf meine schwarzen Ballerinas mit Keilabsatz... Zu schade, dass ich das nicht sehen konnte. Abends waren wir noch etwas essen und ein bisschen durch Auckland schlendern. Ich entdeckte, dass die Stadt durchaus nette Strassen und Ecken hat und war gespannt, wie sie mir im Tageslicht gefallen wuerde.
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Riesen-Waka |
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Treatyhouse |
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Treatyground |
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Mein Baum über dem Meer :-) |
Heute hiess es dann frueh Abschied nehmen von Dejan und Laura. Da Syrone nur noch auf ihren Heimflug wartet und gar nichts mehr tun moechte, machte ich mich allein auf den Weg, Auckland zu erkunden. Anfangs fuehlte ich mich recht wohl, was mich ueberraschte, da ich kaum jemanden getroffen habe, dem Auckland gefallen hat. Dann packte mich aber ploetzlich ein unbeschreiblich schlimmes Gefuehl, das mich dazu brachte, rastlos den ganzen Hafenstreifen entlang zu laufen, ohne aufhoeren zu koennen. Ich lief vor etwas weg und wusste nicht, was es war. Ich fuehlte mich ploetzlich so einsam, beschraenkt und klein in dieser Stadt, dass ich all die Freiheit, Ruhe und das Gefuehl fuer mich selbst, welches ich hier gefunden zu haben glaubte, wieder verloren hatte. Als ich es dann wieder schaffte anzuhalten und mich zu beruhigen, verstand ich was wohl passiert war. Ich hatte Angst, weil meine Reise nun zu Ende ist. Ich hatte Angst vor dem Nachhausekommen. Nicht, weil ich mich nicht auf zu Hause freue - das tue ich sehr - sondern weil ich nicht weiss, was sein wird. Ich bin hier in Neuseeland kein anderer Mensch geworden, aber ich habe einiges gewonnen, dass ich nicht wieder verlieren moechte. Vielleicht ist das alles zuhause wieder weg. In meiner gewohnten Umgebung, meinem Alltag. Ich weiss es nicht. Meine Ruhe habe ich dann endgueltig auf dem Sky Tower wieder gefunden. Ich konnte die ganze Stadt ueberblicken, sie war ploetzlich klein und ich hatte keine Angst mehr.
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Nicht so gut mit Höhenangst - die Glasbodenfenster im Skytower |
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Skytower |
Nun sitze ich im Hostel, werde bald zu Abend essen und mich dann langsam auf meinen Flug morgen vorbereiten. Ich fuehle mich immer noch unwohl, wenn ich an morgen denke. Auch, weil sich wohl niemand wirklich auf so einen langen Flug freut. Ich freue mich auf zuhause. Ich freue mich auf euch. Aber ich bin traurig, Neuseeland zu verlassen. Und ich weiss, dass ein kleiner Splitter meines Herzens hier bleiben wird. In diesem wundervollen Land und bei dem einen oder anderen Menschen, den ich hier kennen lernen durfte und wieder verlassen musste. Ich frage mich, ob ich jemals wieder vollkommen ganz sein kann. Aber vielleicht ist das auch nicht so wichtig...